Reise in die Pyrenäen – 3 – Frankreich – Pyrenäen, Languedoc, Cevennen, Jura, Vogesen

Mountainbiken in Frankreich: Regionen und Touren

Während meiner Fahrt zum Grenzpass Col d’Ares regnet es durchgängig – erst auf der französischen Seite reißen die Wolken auf – und oben angekommen reicht die Sicht kaum hundert Meter weit.Außer einem trostlosen und leeren Parkplatz im Regen und dem anscheinend verlassenen Restaurant gibt es hier nichts.

Erst auf der französischen Seite reißt die Wolkendecke auf.

Französische Pyrenäen

Ich mache dennoch hier oben eine Rast und treffe so auf Russell. Er taucht mit seinem schwer beladenen Reiserad im immer noch strömenden Regen auf der Passhöhe auf, und ich lade ihn auf einen Kaffee zum Aufwärmen in den Bus ein. Russell kommt aus Alaska, und anscheinend mag er Europa. In der kurzen Zeit, bis der Kaffee gekocht und getrunken ist, erzählt er von seinen Radtouren, die er schon in Europa gemacht hat. 

Bald fährt er im immer noch strömenden Regen weiter. Sein ambitioniertes Ziel für heute ist das Mittelmeer. Ich selber will heute nur noch die knapp 40 km nach Arles-sur-Tech zum Campingplatz. Laut meinem Wetterbericht soll es morgen trocken bleiben, sodass ich mit etwas Glück eine Tour fahren kann. Die Nacht ist kalt, aber beim Frühstück kommt tatsächlich die Sonne heraus.

Up to the Tower

Eine leichte Landschaftstour, die mit schönen Aussichten auf kaum befahrenen Sträßchen etwa 1.200 Höhenmeter hoch bis zur Schutzhütte Gîte refuge de Batere führt. Anstatt einzukehren, fahre ich noch ein Stück höher hinauf und habe so über grasige Hügel eine weite Aussicht in die Landschaft. Ich bin hier mitten in einem ehemaligen Bergbaugebiet, und wenn man genau hinsieht, kann man noch mehrere Abraumhalden sehen. Wieder hinunter ins Tal geht es auf einer steinigen und recht ruppigen Piste. Leider fährt man die letzten Kilometer zurück nach Arles-sur-Tech auf einer Hauptstraße. Das trübt das Erlebnis etwas. 
50 km – 1397 hm – 4:07 Std. in Bewegung – 5:05 Std. Gesamt – aus gps-tour.info

Eine Schafherde nur vom Hund gehütet !

In Arles-sur-Tech möchte ich mir noch die romanische Abtei Sainte-Marie ansehen, kann sie aber beim besten Willen in der eng verwinkelten Altstadt nicht finden. Die wenigen Hinweisschilder führen mich im Kreis an der Nase herum. Übrigens bin ich nicht der einzige, dem es so geht.

Ich fahre weiter und komme nun aus den Bergen heraus. Die Gegend wird flacher und die Temperatur steigt. Ich hatte geplant, um die Stadt Thuir herum eine oder zwei Touren zu fahren, und stelle nun unangenehm überrascht fest, dass diese im Nachmittagsverkehr versinkende Stadt bereits Thuir ist und dass eine dieser Touren direkt vor meiner Nase über die Kreuzung führt.

Gut für eine Nacht

Ich habe die Rückfahrt falsch ausgesucht und bin versehentlich zu dicht am Meer in einem flachen Gebiet auf 100 m Meereshöhe gelandet. So schnell wie möglich will ich aus der Hitze des Flachlands heraus und in eine höhere Lage. Weit außerhalb der Stadt, nun wieder auf 300 m Höhe, finde ich einen geeigneten Schlafplatz.

Um wieder in ein Gebiet mit vorbereiteten Touren zu kommen, muss ich Strecke machen. Alles in allem hat mir mein Fehler einen hübschen Umweg eingebracht.

Auf der schmalen Straße D-117, vorbei an der etwas enttäuschenden „Défilé de Pierre-Lys“, nehme ich einen Anhalter nach Carcassonne mit. Es ist ein junger Mann, den ich zuerst für einen Computer-Nerd halte, der aber als Auszubildender im Maschinenraum eines Passagierschiffes herausstellt. Wenn er von seiner Arbeit erzählt, leuchten seine Augen. Leider ist sein Englisch derart schlecht, dass ich zuerst nicht erkannt habe, dass er überhaupt Englisch spricht. Unser Gespräch bleibt entsprechend mühsam und bruchstückhaft.

Languedoc

Weit nach Carcassonne, in der Nähe des Languedoc-Naturparks, beginnt auf einem Waldparkplatz an der D-64 meine nächste Tour. 

Randonnée VTT Frescati 

Diese Tour kann man sich sparen. Es liegt viel Altholz im Weg, und die Linienführung ist öfter nicht klar. Offensichtlich wird sie wohl schon seit Jahren nicht mehr befahren und ist in einem wirklich schlechten Zustand. Spaß hat das keinen gemacht. 
25 km – 554 hm – 2:24 Std. in Bewegung – 2:31 Std. Gesamt – aus outdooractive

Es regnet schon wieder, und das Wetter treibt mich weiter zum Lac du Salagou, wo das Wetter besser ist. Auf dem Platz Camping des Vailhrés kann ich in Ruhe eine neue Tour aussuchen.

Lac du Salagou

Spannende Sandsteintrails und kleine Sträßchen. Direkt vom Campingplatz weg beginnen die Trails auf rotem Sandstein. Die anfänglich langen Wellen steigern sich zu immer kürzeren Intervallen von Auf und Ab. Das ist schon schön. 
Eine im Originaltext erwähnte „kurze, aber steile Schiebepassage“ ist in Wirklichkeit verblockt und erreicht 20 % Steigung. Da ist nichts mehr mit Schieben. Hier ist Wuchten angesagt.  Oben angekommen, erwartet mich ein Sträßchen, auf dem ich für die nächsten Kilometer bleibe. Spannend wird wieder die etwa 6 km lange Schlussetappe. Die Trails auf Sandstein sind anspruchsvoller geworden. Jetzt sind es fordernde, sehr kurze, steile und schnelle Wechsel von rauf und runter, von links nach rechts. 
36 km – 694 hm – 2:58 Std. in Bewegung – 3:48 Std. Gesamt – aus gps-tour.info

Lac du Salagou – Mountainbiken auf rotem Sandstein

Cevennen

Ich bin nun eindeutig auf der Rückfahrt und möchte als Nächstes in die Cevennen. Genauer: nach Anduze. Mit reichlich Kurven und Schluchten bin ich wieder auf kleinen und kleinsten Straßen unterwegs. Auch diese Region Frankreichs ist unglaublich zerklüftet. 

In den Cevennen

In Anduze – sie nennen sich das Tor zu den Cevennen – gibt es ausreichend Parkplätze. Ich entscheide mich für einen mit Blick auf den Fluss und parke so, dass ich von allen Seiten zugänglich stehe. Dann starte ich meine Tour.

Anduze – Fort de Rohan – Blateiras – Cornadel – Anduze 

Diese Tour braucht’s nicht unbedingt.  Zuerst geht es ein kurzes Stück mit viel Verkehr auf der D-110a hoch. Weiter dann auf Piste hinauf zum Fort de Rohan. Unter Fort de Rohan habe ich mir die Ruine einer Festung vorgestellt, aber es ist nur ein Aussichtspunkt. Anschließend geht es auf einem recht groben Weg wieder hinunter, und das Thema der Tour ist gesetzt: Asphalt, normale Pisten und grobe Abschnitte. An einem langen, steilen Stück muss ich schieben. 
24 km – 583 hm – 2:10 Std. in Bewegung – 2:50 Std. Gesamt – aus gps-tour.info 

Nach der Tour sehe ich mir noch Anduze an. Es ist ein kleiner, überschaubarer Ort mit vielen Restaurants. Später treffe ich am Parkplatz einen Biker aus Landsberg. Er stand mit seinem Campingbus mit der Beifahrerseite direkt an einer Mauer. Während er auf Tour war, wurde das mauerseitige Fenster eingeschlagen und das Auto durchwühlt.  Ich stehe von allen Seiten frei und habe eine ruhige Nacht. Für die nächste Tour fahre ich ins etwa 50 km entfernte Banne.

Mein ganz persönliches Desaster. 

Eine Reihe von Irritationen – unter anderem eine gehackte Karte – und ein falsch gelesenes Schild haben dazu geführt, dass ich mich auf einer maximal engen und von Bruchsteinmauern begrenzten Straße wiedergefunden habe. Rückwärts wieder auf die Hauptstraße zu stoßen war wegen des Verkehrs nicht möglich. Notgedrungen habe ich mich auf dem schlechten Belag weiter nach oben getastet. Immer in der Hoffnung, dass die engste Stelle, wie vom Straßenschild versprochen, nicht unter 2,5 m fällt. Laaangsaaam fahre ich in einen Torbogen ein. 

Die OpenMap von Rousson wurde gehackt

Ich habe keine wirklich zutreffenden Worte für dieses Geräusch. Ein Schaben und Kreischen, so als ob das Dach vom Bus gerissen wird. Auch jetzt, Monate später, habe ich ein ungutes Gefühl im Magen, wenn ich nur daran denke.  (Die 2,5 m bezogen sich auf die Höhe – Der Bus hat 2,80 m)

Um es kurz zu machen: Der Campingbus hat nichts abbekommen, aber die ziemlich nagelneue Markise am Bus ist schwer beschädigt – Totalschaden, wie sich später herausstellt. Wie es mir gelungen ist, zum Wenden rückwärts in einen rechtwinkligen und ebenso engen Abzweig zu kommen, kann ich mich kaum erinnern. Und dass der Lichtmast direkt am Abzweig noch steht, ist wohl ein Wunder. 

Ich warte, bis mein Zittern aufgehört hat, und fahre dann auf einer anderen Strecke nach Banne. Ansonsten wäre das alles ja noch sinnloser gewesen.

VTT au pays des Vans Circuit 7 Banne Malbosc 

Diese Tour kann man sich sparen. Vielleicht war es 2009, als der Track aufgezeichnet wurde, eine Mountainbiketour, aber jetzt, 15 Jahre später, ist es keine mehr. Die Tour führt durch ein großes Gebiet, welches inzwischen privat und eingezäunt ist. Unterwegs musste ich, um überhaupt durchzukommen, viel improvisieren, und zuletzt gab es auch noch an einer Bachüberquerung der Originaltour keinen Übergang mehr. Diese Tour bleibt nur deshalb in meiner Datenbank, damit ich es nicht versehentlich noch einmal versuche. 
39 km – 641 hm – 2:59 Std. in Bewegung – 3:37 Std. Gesamt – aus gps-tour.info

Ist nicht so gut gelaufen der Tag heute, es gibt auch keine Fotos. In meinem Kopf drehen sich die Gedanken über die beschädigte Markise und die wenig befriedigenden Touren hier in den Cevennen. Mein erster Impuls ist, auf die Autobahn direkt nach Hause zu fahren. Das repariert die Markise aber auch nicht. 

Ich entscheide mich zwar für die Autobahn, aber mein Ziel sind die Vogesen. 

Jura

Viele Kilometer, und Stunden, und einmal schlafen später, bin ich im Jura und mache auf einem Rastplatz Pause. Kurz davor wurde auf einer touristischen Tafel die „Quelle der Loue“ beworben. Da war ich zuletzt mit meiner Frau vor 22 Jahren. 

Spontan entscheide ich, die Autobahn zu verlassen und nach so vielen Jahren die Quelle wieder einmal zu besuchen. In den Außenbezirken von Besançon verheddere ich mich derart, dass ich ohne Hilfe nicht mehr herausgefunden hätte. Zum Glück erkennen zwei Männer meine Not und eskortieren mich in die richtige Richtung hinaus. 

Quelle der Loue

In einer Radtour-angemessenen Entfernung parke ich den Bus und improvisiere eine Route zur Quelle der Loue. Eigentlich kann ich mich nur wundern, dass das Maß meiner Lust an Aufregung noch nicht voll ist. Mein Ausflug beginnt mit einer matschigen Kuhweide am Hang und endet damit, dass ich auf dem Rückweg am Ufer der Loue das Rad größtenteils schieben und tragen muss. Die Quelle selbst ist immer noch beeindruckend. 

Vogesen

Über Landstraße und in ziemlich direkter Linie komme ich in die Vogesen und ins Munstertal. Leichter Regen bei meiner Ankunft am Campingplatz. 

Auf den Petit Ballon

Eine Supertour. Ein angenehmes Hochfahren auf gutem Untergrund. Viele Aussichtsmöglichkeiten unterwegs und oben am Petit Ballon. Nicht enden wollende Trails beim Abfahren. Nur wenige verblockte Stellen, die ich nicht fahren wollte, und zuletzt ein paar Spitzkehren, die ich nicht fahren konnte.  Der allerletzte Trail wird wohl nicht so häufig befahren – das ist nicht zu verstehen – jedenfalls kommen Brombeerranken sehr dicht heran. Lange Ärmel sind von Vorteil. 
42 km – 1232 hm – 4:26 Std. in Bewegung – 5:37 Std. Gesamt – aus gps-tour.info

Mit dem Mountainbike auf den Petit Ballon

Es regnet wieder oder auch immer noch, und ich habe langsam den Blues. Am nächsten Tag fahre ich weiter nach Ingersheim und suche mir dort einen neuen Campingplatz. 

Weinberge und Trails – flowig und teilweise S1 

Eine tolle Tour. Ich fahre einen Trail bergauf, und zuerst denke ich noch, dass ich die Tour falsch herum angefangen habe, aber das passt schon so. Es ist so, dass man eigentlich auf einem Trail hochfährt, um dann auf dem anderen Trail wieder abzufahren. Und auch die Drehrichtung stimmt, jedenfalls möchte ich den Abfahrtstrail nicht hochschieben. Es hat inzwischen auch hier so viel geregnet, dass an vielen Stellen das Wasser steht. 
36 km – 977 hm – 3:51 Std. in Bewegung – 4:36 Std. Gesamt – aus gps-tour.info

Und das gibt es auch

Bevor ich endgültig heimfahre, starte ich in Andlau noch eine allerletzte Tour auf dieser Reise, 

MTB-Tour mit Top-Trails rund um Andlau 

Tolle Tour, gelegentlich wegen Waldarbeiten etwas mühsam. Gleich zu Anfang eine steile und steinige Rampe, danach lange hauptsächlich auf breiten Forstwegen. So ungefähr nach der halben Strecke kommen Trails. Manche sehr steinig, aber es sind feste Steine und damit gut fahrbar. Es kommt ein Gegenhang, und den Trail bergauf zu fahren, ist schon anstrengend. Gerade als meine Geduld diesbezüglich zu Ende geht, kommt eine neue Trail-Abfahrt, und sie entschädigt wirklich für alles. Mittendrin dann leider eine brachiale Aktion von einem Holzvollernter. Es schaut aus wie nach einem Krieg. So schlimm habe ich das noch nie gesehen. Danach noch ein Stück Trail, die Weinberge, und ich bin zurück in Andlau. 
32 km – 982 hm – 3:41 Std. in Bewegung – 4:08 Std. Gesamt – aus gps-tour.info 

Mountainbiken in Frankreich kann auch so aussehen

Zusammenfassung

Der Plan für meine Reise war ja, auf dem Hinweg erste Touren in den verschiedenen Regionen zu unternehmen und sie auf dem Rückweg die Erfahrungen zu vertiefen. 

Brecht schreibt in der „Dreigroschenoper“: „Ja, mach nur einen Plan! Sei nur ein großes Licht! Und mach dann noch ’nen zweiten Plan, gehn tun sie beide nicht.“ 

In meinem Fall stimmt das leider. Mein ursprünglicher Plan, in Frankreich auf der Fahrt in die Pyrenäen Touren zu fahren, hat nicht geklappt – er ist buchstäblich ins Wasser gefallen. Auch der zweite Plan, diese Touren auf der Rückfahrt nachzuholen, hat nicht funktioniert. 

Was meine Erfahrungen im Languedoc und den Cevennen angeht, kann ich keine Empfehlungen aussprechen, ich konnte dort einfach nicht genug Touren fahren. Eine Ausnahme bilden die Vogesen: Dort war ich nun schon zum zweiten Mal, und ich bin sehr zufrieden. Die Vogesen mit dem Mountainbike zu besuchen, lohnt auf jeden Fall.