Prothese: Die Zeit nach der Knie-OP

Ich hoffe, dass meine Verletzungsserie am rechten Bein mit einem Kreuzband Abriss und einer späteren Fraktur des Schienbeinkopfes nun mit dem Einsetzen einer Knie Prothese endlich ihren Abschluss findet. In meinem Kniegelenk hatte sich der Knorpel verabschiedet und ohne diese OP wäre es mir bald nicht mehr möglich gewesen, mit meinem Mountainbike Berge hochzufahren.

Ich bin nicht der Erste und sicher auch nicht der letzte Biker, der diese Entscheidung treffen muss und so wäre die Tatsache einer OP nicht weiter erwähnenswert, wenn es da nicht diese Informationslücke zur Rehabilitation gäbe.

Im Netz findet sich einiges zum künstlichen Gelenk, aber nichts davon konnte mich wirklich vorbereiten auf die Ausdauer, Geduld und die Motivation, die ich für meine Rehabilitation mitbringen muss. Mit meinem Protokoll möchte ich einen Beitrag dazu leisten, die Situation nach der Knie-OP realistisch einzuschätzen, um sich so mental auf das Kommende vorbereiten zu können.

Im aktuellen Magazin des DAV findet sich auf Seite 54 ein Mut machender Bericht über eine Hüft OP. Knie dauert allerdings länger.

Mitte Oktober wurde mir die Prothese ins Knie eingesetzt. Bereits am ersten Tag nach der Operation konnte ich mit dem Gehwagen erste Schritte machen und übte in den Tagen danach das Gehen mit Krücken. Nach einer Woche in der Klinik kam ich direkt zur stationären Reha. Stationäre Reha deshalb, weil ich keine Zeit und Energie durch Hin- und Herfahren verlieren und ganz aus dem Alltag herausgenommen sein wollte, um mich ganz auf meine Bedürfnisse konzentrieren zu können. Wichtig war auch, dass ich die Trainingsgeräte auch außerhalb meiner Therapie nutzen konnte.

Die ersten, scheinbar einfachen, Übungen nach der OP

Mit Beginn meiner Reha habe ich mich auch um Termine für Lymphdrainage und Physioanwendungen gekümmert. Die sind wichtig und man sollte die Wartezeiten dafür nicht unterschätzen.
Ein erstes großes Erfolgserlebnis in der Reha hatte ich, als ich in meinem Zimmer die wenigen Schritte zur Toilette ohne Krücken schaffte. Drei Wochen nach der OP konnte ich überall ohne Krücken gehen, jedoch noch keine Treppen steigen. Tagsüber reduzierte ich die Schmerzmittel, aber schlafen konnte ich noch nicht ohne.

Eine Prothese kennt keinen Schmerz

Anfang November war ich wieder daheim und habe mich um einen neuen Tagesablauf aus Ruhe und Training bemüht. Zur Unterstützung der Wundheilung nahm ich auf Anraten meines Arztes Vitaminpräparate. Mein rechter Oberschenkel war sichtbar dünner und der Muskel sehr weich geworden. Ich hatte tatsächlich 3 cm Oberschenkelumfang verloren. Das erste tägliche Training bestand aus drei Runden durchs Viertel gehen, das entspricht 2,2 km, die ich in 39 Minuten schaffte. Einige Tage später fuhr ich zusätzlich 10 Minuten mit 50 Watt auf der Trainingsrolle.

Am Ende des Monats konnte ich schon täglich eine Stunde auf der Rolle fahren und ging zusätzlich eine halbe Stunde spazieren. Ich war ungeduldig und gönnte mir keinen Tag Pause, was nachts mit starken Muskelschmerzen im ganzen Bein bezahlt wurde. Natürlich schmerzt nicht die Prothese, auch nicht die dazugehörenden Knochen. Die Schmerzen kommen von den Muskeln und Sehnen die sich umgewöhnen müssen. Neben den großen, schmerzhaften Bewegungen des Knies gab es auch scharfe Schmerzen, die durch nahezu unsichtbare Bewegungen ausgelöst wurden. Mit Gehen und Radfahren verschwanden diese nicht, die einzige Chance war es, diese Bewegungen immer wieder zu üben.

Im Dezember gewöhnte sich meine Beinmuskulatur langsam an die höhere Belastung. Ich konnte nachts besser schlafen und nahm nur noch bei Bedarf Schmerztabletten. Ich trainierte weiterhin fast täglich durch Gehen und Radfahren mit bis zu vier Einheiten, wobei ich die Belastung vorsichtig steigerte. Insgesamt habe ich 12 Stunden auf dem Rollentrainer verbracht und eine halbe Stunde zu Fuß zurückgelegt.

Einen neuen Rekord im Gehen stellte ich mit 10 km am 1. Januar auf, und wieder bezahlte ich in der Nacht mit deutlichen Schmerzen im Schienbein und in der Kniekehle. Ich reduzierte am nächsten Tag zwar die Belastung, aber mein Ehrgeiz ist geblieben. Es ist schwierig, das richtige Maß zu finden wenn sich die Belastbarkeit täglich ändert. Dennoch konnte ich mit der Zeit einen Trainingseffekt erzielen und die starken Muskelschmerzen scheinen vorbei zu sein.

Unterwegs in der Provence

Im Februar geht es weiter aufwärts und ich fahre mit kleinen Pausen zwei Stunden auf der Rolle. Das klingt nach wenig, erlaubt mir jedoch, realistischere Touren mit Filmen und passendem Höhenprofil zu fahren, was meiner Motivation nach 4 Monaten „immer dasselbe“ sehr guttut. Ich bin virtuell in Flandern, den Pyrenäen, in Barcelona und auf vielen weiteren Radstrecken unterwegs. Insgesamt habe ich im Februar 31 Stunden auf dem Rollentrainer verbracht und bin etwa 10 Stunden gegangen.

Der März bringt eine weitere Steigerung auf zweimal zwei Stunden am Stück fahren. Es lief erstaunlich gut und ich hatte auch nachts keine Probleme. Vielleicht ist das endlich der lang ersehnte Durchbruch. Einige Tage später dann vier Stunden mit kleinen Pausen. Ich hoffe sehr, dass ich jetzt das gröbste hinter mir habe. Ab April will ich draußen fahren.

Meine Zusammenfassung

  • Die Rückkehr zum Sport dauert lange, auch nach fast 6 Monaten bin ich noch weit entfernt vom richtigen Mountainbiken.
  • Regelmäßige Lymphdrainage und Physioanwendungen helfen sehr.
  • Einen OP-Termin im Herbst für das einsetzen der Prothese finde ich als NICHT Wintersportler ideal.
  • Die Belastungsgrenze ist jeden Tag eine andere. Zwangsläufig schwankt das Training zwischen Überlastung und Unterforderung.
  • Es sind die kleinen, kaum sichtbaren Bewegungen im Knie, welche lange die stärksten Schmerzen bereiten.
  • Ein Rollentrainer ist wirklich sehr hilfreich.
  • Mit einem Ziel (ich will in die Pyrenäen) bleibt man motiviert und wird nicht aufgeben.